Erster Tag Oktoberfest

Das Oktoberfest 1: In der Geisterbahn
Anton wollte nur ein Bier trinken. Er war sechzehn, und es wurden drei. Alle nannten ihn Spargel, nur Haut und Knochen, ein schmales Gesicht mit großen, immer etwas ängstlichen Augen. Aus der bei ebay-Kleinanzeigen am Tag zuvor gekauften kurzen Lederhose schauten seine Beine wie schmale Stelzen. Nach dem Bierzelt fuhren seine drei gleichaltrigen Freunde und er mit der Geisterbahn mit dem Namen „Fahrt zur Hölle“. In der Geisterbahn brüllten sie, weil das alle so machten in ihrer Betrunkenheit. Woran sollte man sich in diesem außer Kontrolle geratenem Zustand noch festhalten außer an den eigenen Stimmbändern? Anton fuhr allein in einem Wagen. Er war so betrunken wie noch nie. Und allein mit den krakeelenden Geistern und ihren Stroboskop Augen. Allein mit dem haarigen, ungepflegten Monster und seinen verschlissenen Pranken. Allein mit dem um seine geklauten Knochen wehklagenden Skelett. Allein mit dem sich quietschend öffnenden Sarg und der halbverwesten Leiche darin. Anton verlor in seinem Schrecken und seiner Betrunkenheit den Halt und rutschte nach vorne aus dem Wagen. Er rollte sich vom Gleis und hielt sich an der Guillotine fest. Die trennte gerade einen Kopf von einem menschlichen Körper aus Stroh. Als die Freunde trotz ihres hohen Alkoholpegels nach der Fahrt feststellten, dass ihr schmächtiger Freund aus der Geisterwelt nicht zurückgekommen war, alarmierten sie die Frau an der Kasse. Die ergriff sofort einen Hebel und schob ihn nach vorne. Buff! Alle Wägen stoppten und die grelle Notbeleuchtung ging an. Sofort verlor alles seinen Schrecken, die Geister verwandelten sich in abgehalfterte Maschinen. Die Gesichter der alkoholisierten Fahrgäste erschienen wie blasse Monde. Es dauerte fünf Minuten, dann hatte sich ein Feuerwehrauto hupend durch die Menge zur Geisterbahn gekämpft. Drei Feuerwehrleute stürmten das Fahrgeschäft. Nach zwei Minuten trugen sie den alkoholvergifteten Anton auf einer Trage aus der Geisterbahn. Den geköpften Toten neben ihm ließen sie unbeachtet liegen.
Fahrt zur Hölle (Dom Jollberg) - POV - Augsburger Plärrer 2019 - YouTube